Zwischen der Pfalz und dem Elsass liegt ein breiter Streifen Niemandsland. Es ist ein Waldgebiet. Dieser Wald erstreckt sich nach rechts und links weit über die Grenzen der beiden Länder Deutschland und Frankreich. Und mitten in diesem Niemandsland, tief im Wald verborgen, steht ein kleines altes Häuschen. Es ist noch mit selbstgebrannten Ziegelsteinen erbaut. Das Dach mit Stroh und Schilf gedeckt. Eine geheimnisvolle Aura umgibt es. Den Betrachter beschleicht das Gefühl um Jahrhunderte zurück versetzt zu sein. Niemand weiß wie alt dieses Häuschen wirklich ist. Fragt man die Bewohner der umliegenden Ortschaften danach erhält man die Antwort - das alte Haus, das war schon immer da.
In diesem Haus wohnt Katrin Spicherer. Sie ist eine Kräuterfrau, Heilerin und Seherin. Die Menschen aus beiden Ländern kommen zu ihr, kaufen ihren Kräutertee, Tinkturen, Salben, auch lassen sie sich die Zukunft vorher sagen.
Katrin eine bildhübsche Frau um die Dreißig, ist die schmachtende Blicke ihrer männlichen Besucher schon längst gewöhnt. Doch die kühle, geheimnisvolle Aura die sie umgibt, nimmt ihnen den Mut anstößige Bemerkungen zu machen oder gar Aufdringlich zu werden. Auch ihre zwei großen schwarze Hunde, eine Mischung zwischen Rottweiler und Dobermänner, ihre ständigen Begleiter, flößen Respekt ein.
Für heute Nachmittag hat sich Besuch angekündigt, ihre vier Schwestern. Es hatte sie vor Jahren in verschiedene Richtungen verschlagen. Marie lebt jetzt im Grödnertal, Anna im Rhonetal, Waltraud in der Heide und Eike im Riesengebirge. Pünktlich um 15 Uhr stehen vier schöne junge Frauen vor der Tür. Mit großem Hallo begrüßen sie Katrin. Die bittet sie herein und erkundigt sich wie denn die Reise hierher war. Ich, sagte Eike, habe heute länger gebraucht, es war viel Flugverkehr. Bei mir auch pflichtet ihr Marie bei. Ich bin gut durch gekommen sagt Anna. Sie schauen Waltraut an, die lacht, ich, sagt sie habe einen Höllenritt hinter mir, ich bin bis Mannheim auf dem ICE gefahren, es war grandios. Von dort bin ich nach hier geflogen. Alle stimmten in das Lachen ein. Nachdem sie sich wieder etwas gefangen haben fragte Katrin: Was gibt es neues, ihr wisst ja ich komme wegen der Hunde nur kurzweilig weg und freue mich wenn ihr kommt. Im Grunde genommen bin ich doch das ganze Jahr allein! - Ich habe gehört, dass Gisi aus ihrem Haus vertrieben wurde erzählt Waltraut, sie lebte ja an der holländischen, belgischen Grenze und da sagt man immer es gibt keine Hexenjagd mehr. Na ja antwortet Katrin, so wie Früher während der Inquisition ist es nicht mehr. Auch ich werde hier geächtet. Alle kommen sie her, kaufen Pülverchen und Salben, lassen sich die Zukunft vorher sagen, doch fragt jemand nach mir, kennt mich keiner. Immer wenn sie zu mir kommen schleichen sie wie Hühnerdiebe, um nur nicht gesehen zu werden, denn es ist ja in ihren Augen ein kleiner Skandal die Hexe aufzusuchen. Mein Glück ist es im Niemandsland zu wohnen. Hier unterliege ich keinem Gesetz und gehöre zu keinem Land und -dabei schaut sie die anderen an - das ist gut so.
 Wenn ich so zurück denke spricht Anna leise, an die Hexen Verfolgungen gruselt es mich. Es war eine schlimme Zeit. Dabei haben sie nicht eine Hexe erwischt. Die haben doch das zweite Gesicht und sahen sie kommen so dass sie noch viel Zeit zum Verschwinden hatten. Es waren ganz normale Menschen, Männer und Frauen die diesem abergläubischen Wahnsinn zum Opfer fielen. Viele mussten sterben weil sie irgendjemandem im Weg standen oder an einem Haus vorbei gingen in dem plötzlich irgendeiner erkrankte oder in der Kräuterheilkunde bewandert waren. Man unterstellte ihnen Zauberkräfte. Mit dem Teufel im Bunde zu sein. Sich in der Walpurgisnacht mit dem Teufel zu buhlen. Fand man auch noch einen gegabelten Ast in ihrer Nähe, den sogenannten Hexenbesen, war die Sachlage klar. Ihnen wurde Hexenflug, die Teufelsbuhlschaft, Pakt mit dem Teufel, Schadenszauber, die Einflüsterung des Teufels, schwarze Messen und wilde Orgien mit dem Teufel auf dem Blocksberg im Harz vorgeworfen. Auch dass die Hexe eine Person ist die zwischen den zwei Welten, dem Diesseits und dem Jenseits vermitteln kann. Mit Zauberei die Menschen verhext. Darum baute man die sogenannten Hexentürme und Keller, in denen die Menschen vergewaltigt, bis aufs Blut brutal gefoltert und wenn sie die Schmerzen nicht mehr ertragen konnten, alles eingestanden was ihnen vorgeworfen wurde, verbrannte man sie auf dem Scheiterhaufen. Und mit dem Tod der Kräuterfrauen und Heilerinnen hatte man der armen Bevölkerung ihre Gesundheitsgrundlage genommen.
 Am schlimmsten waren die Dominikaner Mönche! - Die Häscher der Inquisition! Grausam ließen sie die Menschen foltern und verbrennen. Es war ein furchtbarer Tod bei lebendigem Leib verbrannt zu werden, dabei  auch noch den Blicken des sensationsgeilen grölenden Volkes und den Häscher ausgesetzt zu sein.  Viele ergötzten sich an den unsäglichen Schmerzen und den schrecklichen Schreie der Sterbenden, die man selbst dabei noch schmähte. Die Mönche kannten kein Erbarmen auch keine Nächstenliebe. Sie haben das Gegenteil von dem praktiziert was sie in ihrem Glauben predigen. - Die gequälten Schreie dieser armen gepeinigten Menschen hallen herüber bis in unser Jahrhundert!
Geht man in der Zeit zurück, bevor die Christen existierten, das heißt vor unserer Zeit, - unsere Zeitrechnung fängt mit der Geburt Jesus an,- zu jener Zeit gab es keine Hexen. Es gab auch damals schon kultivierte Völker mit Orakelsprechende, mit Kräuterfrauen und Heilerinnen, die einen hohen Stand inne hatten. Die Frauen wurden verehrt da sie, wie die Göttin der Erde, Leben gebären. - Aber es gab keine Hexen. Die kamen erst mit dem Christentum, genau wie der Teufel und die Dämonen. Und der Frau wurde jeder Stand abgesprochen, mit den  Bibelworten, - das Weib sei dem Manne untertan.
 Doch auch die Christen verehren einen Magier, einen Hexer den ersten der bekannt wurde. Laut Bibel, Altes Testament, teilte Moses mit seinem Zauberstab das Meer. Nur ,,er” war ein guter Magier und Hexer. - Doch gibt es gute und böse Hexen?
Die Frauen schauen sich an. Wir alle fünf sind Hexen, sagt Marie. Wir haben noch nie mit dem Teufel gebuhlt, auch keinen Pakt mit ihm geschlossen. Wer ist das eigentlich, der Teufel? Wir haben ihn noch nicht kennen gelernt. - Aber wir haben Menschen kennen gelernt, die an Bösartigkeit jeden Teufel übertrumpfen.
Still sitzen sie ein paar Minuten beieinander in denen sie das ernste Gespräch erst einmal sacken lassen mussten, dann sagt Marie mit einem Schalk in den Augen:  Und Morgen ist Walpurgisnacht, da fliegen wir zum Hexentanz auf den Blocksberg!
Hexen - Mythos oder ?